Singen fördert die Persönlichkeitsentwicklung. Es ist erstaunlich, welche positiven Effekte damit verbunden sind.
Als das Virus ausbrach, wurde es ruhig in den Klassenzimmern. Kein Musikunterricht mehr. Die Kinder konnten nicht mehr singen. Corona hat auch diesbezüglich Spuren hinterlassen – und damit im Leben junger Menschen. Mit welchem Effekt? Es ist nicht egal, ob Kinder in jungen Jahren singen lernen oder nicht. Untersuchungen zeigen: Das gemeinsame Singen und Musizieren fördern nicht nur die Musikalität, sondern auch weitere Kompetenzen, die einen positiven Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung haben.
Singen mit Kindern: besser in der Schule durch Musik?
Im ersten Lebensjahr von Babys sind Singen und Sprechen noch nicht getrennt. Über „musilanguage“ bringen sie Hunger, Durst, Freude, Schmerz oder Zufriedenheit zum Ausdruck. Später zeigen sie sich musikalisch – schunkeln, wippen zu Rhythmen, Klänge berühren sie. Melodie, Artikulation, Satzbau, Tempo und Betonungen: Das Singen von Liedern fordert dann ein Verständnis dafür, und Konzentration. Auch Inhalte werden spielerisch vermittelt.
Wissenschaftler sagen, die Ausbildung der Musikalität fördere kognitive Kompetenzen: Das Erkennen von Mustern und Sequenzen, das Wahrnehmen von Unterschieden, die Fähigkeit zu Zählen und das symbolische Denken. Auch emotionale (Empfinden, Gefühlsausdruck) und motorische Kompetenzen werden angesprochen.
Die Ausbildung der Singfähigkeit, schreiben Forscherinnen und Forscher des Canto-Institutes nach einer empirischen Untersuchung mit 500 Kindergartenkindern, würde sogar bildungspolitische Konsequenzen begründen: Singen fördert demnach die physische, psychische und soziale Entwicklung von Kindern. Viel singende Vorschulkinder seien im Vergleich zu wenig singenden Vorschulkindern signifikant häufiger schulfähig, hätten also durch das Singen einen Startvorteil in der Bildung.
Gemeinsam singen verbindet: viele positive Effekte
Die wissenschaftliche Evidenz für solche Zusammenhänge ist in manchen Punkten aber dürftig. Der Glaube zum Beispiel, dass jegliches Musizieren mit einer höheren Sozialkompetenz verbunden sei oder sozial verträglicher mache, ist nicht begründbar. Klar belegt ist, bilanziert die Bertelsmann-Stiftung, der positive Zusammenhang zwischen musikalischen Aktivitäten und Spracherwerb. Jüngere empirische Forschungsansätze weisen zudem pro-soziale Effekte gemeinsamen Musizierens auf der Basis von Synchronisierungserfahrung nach. Ferner gibt es Hinweise darauf, dass langfristiges Musizieren im Kindes- und Jugendalter (zehn Jahre und länger) positive Einflüsse auf kognitive Leistungen haben kann.
Es gibt also positive Transfer-Effekte. Und übrigens, zu den belegten psychischen Wirkungen des Singens zählen: Verbesserung der Stimmung und des allgemeinen Wohlbefindens, Entspannung und Stressminderung, geistige Aktivierung, Erfahrung von Spiritualität, verbessertes Selbstbild und erhöhte Selbstwirksamkeit sowie Gefühle sozialer Verbundenheit. Vielen Menschen half Musik auch, entspannter durch die Corona-Krise zu kommen.
Emotionale Entwicklung: Gefühle mit Musik ausdrücken
Singen ermöglicht es Menschen und besonders Kindern und Jugendlichen auch, ihre Emotionen auf kreative und ausdrucksstarke Weise auszudrücken. Die Melodien, Texte und die Möglichkeit, in verschiedenen Tonlagen und Stilen zu singen, bieten eine Möglichkeit für die Entfaltung von Gefühlen. Das kann dazu beitragen, die emotionale Intelligenz zu fördern, da Jugendliche lernen, ihre eigenen Emotionen zu erkennen, zu benennen und angemessen damit umzugehen.
Singen ist für den Körper gut. Aber stärkt Singen das Immunsystem?
Auch dieses Thema wurde in den letzten Jahren von Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten untersucht. Es gibt Hinweise darauf, dass Singen tatsächlich positive Auswirkungen auf das Immunsystem haben kann, wenn es regelmäßig praktiziert wird. Die tatsächliche mögliche Auswirkung wird aber bei jeder Person anders ausfallen und ist sehr individuell zu sehen.
Beim Singen werden verschiedene Bereiche im Gehirn aktiviert, die mit positiven Emotionen und Stressabbau in Verbindung stehen. Stress kann bekanntermaßen das Immunsystem beeinträchtigen, daher könnte Singen als Stressbewältigungsmethode indirekt dazu beitragen, dieses zu stärken. Ein weiterer Mechanismus, über den Singen positiv darauf wirken könnte, ist die Atmung. Beim Singen wird die Atmung vertieft und verlangsamt, was zu einer besseren Sauerstoffversorgung des Körpers führt. Eine ausreichende Sauerstoffversorgung ist für das Immunsystem wichtig, da es zur Abwehr von Krankheitserregern und zur Reparatur geschädigter Zellen benötigt wird.
Zudem kann Singen die Freisetzung von Endorphinen, den sogenannten „Glückshormonen“, fördern. Diese Hormone tragen nicht nur zur Verbesserung der Stimmung bei, sondern können auch das Immunsystem unterstützen, indem sie entzündungshemmende Prozesse im Körper fördern. Man könnte also zusammenfassend sagen: Musik tut gut. Singen kann sogar die Gesundheit fördern.